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Stippvisite in der Kulturhauptstadt 2010 Pecs in Ungarn

von Gert Haussner
Pecs Panorama aus dem Flugzeug

Was tun wenn das Wetter prächtig ist und man zwei Tage Zeit hat? Natürlich eine kleine Flugreise planen. Die Destination sollte nicht mehr als selbst gesteckte eineinhalb Flugstunden entfernt sein, denn man will sich ja auch etwas ansehen. Da die südungarische Stadt Pecs (zu deutsch Fünfkirchen) heuer Kulturhauptstadt ist und überhaupt bekannt für ihre Schönheit, fällt die Wahl auf sie. Eigentlich hätte die Routenwahl zurück noch einen Stopp am Balaton am wiedereröffneten Flugplatz Siofok-Kitili vorgesehen, aber die Stadt bot dann dermaßen viel, dass der Balaton kurzerhand gecancelt wurde zugunsten eines längeren Aufenthalts und dann direct back zur Homebase LOAV.

Die Abreise gestaltete sich recht unspektakulär. Nach kurzem Suchen fanden sich die Verzurrösen für unsere Katana, die wir sicherheitshalber mitnehmen, obwohl uns in Pecs ein Hangarplatz zugesichert wurde (um günstige € 10.-), man weiss ja nie. Wetter, Notams und Weight&Balance sind OK, ich gebe den Flugplan auf. Leider verschätze ich mich mit der departure-Zeit, weil bei der Tankstelle eine große Zweimot vollgefüllt werden muss. Als wir an der Reihe sind, fülle ich die OE-AFG bis zum Stehkragen mit Super 100 (Benzin ist in Ungarn nämlich relativ teuer, daher möchte ich dort nicht tanken).

Die Planung von LOAV nach LHPP an sich ist recht einfach, dank Westwind Start auf 31, Ausflug über Traiskirchen und dann ein langer Strich auf der Jeppesen LH(Ungarn) Karte. Die Durchführung ist dann doch ein wenig fordernder, denn erstens ist geradeausfliegen bekanntlich das Schwierigste an der Fliegerei und zweitens herrscht beträchtlicher Wind von schräg hinten. Drittens hat das Display des GPS in unserer Katana den Geist aufgegeben, sodass navigatorische Unterstützung von technischer Seite nicht zu erwarten ist und daher mache ich, wie für die PPL-Prüfung gelernt, auch korrekte Windberechnungen – diese ergeben immer 148 Grad geradeaus. Ohne GPS ist der Trip auch gleich eine exzellente Übung in Sichtnavigation.
Wien Info auf 118,52 ist professionell wie immer und Budapest Info nach dem Überfliegen der Grenze nicht nur freundlich wie immer, sondern richtiggehend überschwänglich! ‚Good morning Sir, no restriction on your route. Have a nice flight and report Pecs in sight!‘ Was will man mehr!

Auf der Strecke gibt es mehrere gute ‚Anhaltspunkte‘ (Pannoniaring in der Nähe von Tokorcs, die Stadt Sarvar, dann den Balaton, der nicht zu verfehlen ist. Dann Kaposvar und dort beginnen dann schon die Berge nördlich der Stadt Pecs. Der Höchste davon mit 2402 Fuß ist genau im Norden der Stadt, und bis dorthin läuft alles exakt wie berechnet, nur umfliege ich den Berg fälschlicherweise auf der Ostseite, weil ich ihn mit dem Danebenliegenden verwechsle, der einfach höher aussieht. Macht aber nichts, wir kommen dafür in den Genuss, entlang des Berghanges Richtung Westen entlang der Stadt zu fliegen und gleich einen sehr guten ersten Eindruck aus der Luft zu bekommen… trotzdem ein kleiner Tipp: der mit dem Sender ist der ‚Richtige‘.

Die Flugzeit verlängert sich durch das Manöver um rund 3 Minuten, sonst wäre auch die berechnete Zeit perfekt eingehalten worden. Dank Rückenwind brauchen wir nur eine Stunde und vierundzwanzig Minuten, der Rückweg am nächsten Tag wird bei leichtem Gegenwind immerhin eine Stunde einundvierzig Minuten dauern. Der Flug selber war leider etwas ruppig, da überaktive Luftmassen für 6 bis 7 Achtel Bedeckung und mächtige Cumuli sorgte, und das nicht wie vorhergesagt in 5500 Fuß sondern teilweise schon in 3000. Dadurch konnten wir nicht sehr hoch steigen und hatten durch Thermik von unten vermischt mit dem Wind von hinten einige Turbulenzen, allerdings auch eine Groundspeed von 124 kt, mit der 80 PS-Katana in spritsparendem Setting beachtlich!

Nach passieren der Stadt ein 90 Grad-Linksturn und wir sind wieder auf dem richtigen Kurs und vier Minuten später setzen wir auf. Das Anflugblatt (und auch die vieler anderer kleiner Plätze, die nicht auf Jeppesen oder ICAO-Karten zu finden sind) kann man auf www.hungaryairport.hu finden. Es empfiehlt sich auf jeden Fall die vorherige Kontaktaufnahme, um sich über etwaige Notams zu erkundigen und vorab eine clearance zu bekommen, ob der Platz offen und anfliegbar ist. Da ich das gemacht habe, werde ich bereits auf der Pecs Info Frequenz (126,90) gefragt, ob das Flugzeug gleich in den Hangar soll, ich bejahe und werde angewiesen, dem Marshaller-Car zu folgen!

Vor dem Hangar angekommen machen wir noch die Parkchecks und entladen unser Gepäck, das Flugzeug wird sogar für uns hangariert. Eine freundliche Dame führt uns ins Flughafengebäude und bestellt uns ein Taxi (€10.- bis ins Zentrum) und schon sind wir in Richtung des vorbestellten Hotels unterwegs. Übrigens sollte man erwähnen, daß in Pecs die Bezahlung in Euro überhaupt kein Problem ist und die Umrechnung immer sehr seriös war, in einigen Fällen war Euro sogar einen Hauch billiger als Forint! Das Hotel, ein kleines Hotel mit Namen ‚Kishotel Abraham‚ (‚Kis‘ heisst, wie ich auf Nachfragen erfahre ‚klein‘ und bezeichnet in Ungarn Hotels mit weniger als 12 Zimmern) liegt mitten im Zentrum und besticht durch günstige Preise und äußerst freundlichen Service, teils Deutsch, teils Englisch.

In Pecs ist seit der Wahl zur Kulturhauptstadt sehr viel renoviert und revitalisiert worden, besonders in der und um die lange Fußgängerzone, die das Zentrum prägt, wiewohl da und dort, speziell Abseits, noch der Charme des ziemlich abgewohnten für Akzente sorgt, aber das dürfte wohl auch bald der Vergangenheit angehören. Pecs ist schon immer eine recht lebendige Stadt mit fast südländischem Flair und vielen Aktivitäten gewesen, gekennzeichnet durch die Vermischung von ungarischer und kroatischer Seele mit K. u K. Geist, eingebettet in eine Landschaft zwischen sanften Gebirgen im Norden und der nahen Donau im Süden.

Durch Bodenschätze kam die Stadt früh zu Reichtum und wurde daher zum Zentrum Südungarns. Die Anlage erscheint recht großzügig und aufgelockert, mit vielen Plätzen mit Brunnen, viele Gebäude sind mit der berühmten Zsolnay-Keramik veredelt, es gibt wunderschöne Innenhöfe… und natürlich sehr viel Kultur. An vorderster Stelle seien der Dom mit seinen vier Türmen und das Nationaltheater erwähnt, es gibt aber auch unzählige Galerien und in einer Straße sind gleich 8 Museen nebeneinander untergebracht! Architektonisch erinnert naturgemäß bedingt durch die historische Zugehörigkeit zur K.& K. Monarchie vieles an den sogenannten Ringstraßen-Stil.

Müde vom Herumwandern lassen wir den Abend in einem der unzähligen Lokale ausklingen und beschliessen am nächsten Tag wie schon erwähnt, den Balaton auszulassen und die restliche Zeit in Pecs zu verbringen. Unser Gepäck dürfen wir im Hotel lassen, und um 17:00 fahren wir wieder mit dem Taxi zum Flugplatz. Das Flugzeug wurde schon aushangariert, ich bezahle noch 10.- Euro für den Hangar und 8.- Euro für die Landung, checke Notams und Wetter und die nette Dame von gestern nimmt meinen Flugplan auf und leitet ihn weiter. Wir warten kurz auf die Bestätigung, gehen zur Katana und checken diese.

Pecs verfügt über keine Taxiways, daher werden wir nach einem landenden Flugzeug zum Backtracking freigegeben, weil der Wind noch immer aus nördlicher Richtung weht und daher die 34 aktiv ist. Ich melde am anderen Ende angekommen ‚ready for departure‘, die Startfreigabe kommt umgehend und wir sind wieder in der Luft. Diesmal ist die Luft ruhiger, wir steigen auf 6500ft über eine Inversion und die Katana fliegt so ruhig schnurgeradeaus, als hätte sie einen Autopiloten. Die Sicht ist herrlich, kurz vor Sopron werden wir aufgefordert auf 2500ft zu sinken und gleich danach an Wien Info übergeben. Da die restricted area ‚Felixdorf‘ nicht aktiv ist, können wir einen direct approach fliegen und landen wieder auf der 31. Wir bugsieren die OEAFG in ihren Hangar und sind sogar noch pünktlich zum Vereinstreffen der Fliegergruppe Wien wieder da.

Alles in allem ein sehr gelungener Ausflug, der unbedingt zur Nachahmung zu empfehlen ist!

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